02. Februar 2003 - Karteikarten zum Referat zu Wayne Hudsons Aufsatz "Zur Frage postmoderner Philosophie"
(FernUniversität Hagen - Seminar in Kiel).
Der Aufsatz ist bei Suhrkamp in dem von Dietmar Kamper und Willem van Reijen herausgegebenen Sammelband "Die unvollendete Vernunft: Moderne versus Postmoderne" (ISBN 3-518-11358-5<2600>) erschienen. Das Buch ist leider vergriffen, jedoch findet man in online-Antiquariaten wie z.B. bei
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- Gute Philosophie ist hart und unbarmherzig - sie ist seit allen Zeiten und allerorten zu finden
- Heute jedoch Eruption der weichen Philosophie (nicht gut? Schlecht?) - aus Protest gegen die Blindheit der harten Philosophie (in Bereichen wie Moral, Politik, Kultur oder im sozialen Umfeld)
Vorstellung der postmodernen Philosophie (weich)
- Dreiteilung des Aufsatzes von Wayne Hudson:
- Differenzierung der Begrifflichkeit, zeitgenössische Diskussion
- Werk von Richart Rorty und Hilary Putnam, die von ihrer harten Philosophie abrückten - und somit als postmodern gelten
- Schlüsse und Möglichkeit einer postmodernen Sozialphilosophie
Teil I - Begrifflichkeiten |
Karte 02 |
- Fülle von Literatur zur Postmoderne - völlig willkürliche, verwirrende Benutzung des Begriffs, Postmoderne ist...
- Beispiele:
- Subjektivitätsverlust - neue Subjektivität
- Ende des Neuen - das Allerneueste
- Ende der Geschichte - neue historische Ära
- Regionalistisches Denken - Globales Denken
- etc.
- Bedeutung des Begriffs "Postmodernismus" muss Unterschieden werden
- im epochalem Sinn
- im thematischen Sinn
- als Phase des Modernismus
- als Nachmodernismus
Teil I - Begrifflichkeiten |
Karte 03 |
- Ähnlich die fälschliche Annahme, Postmoderne - Postmodernismus - Postmodernität beinhalten einander
- Besser: klare Unterscheidung zwischen den Paaren
- Moderne - Postmoderne
(als Zeitraumeinteilung, hist. Epochen, Artefakte, Ideen)
- Modernismus - Postmodernismus
(als Terminus für spezifische Kulturbewegungen, 1880-1945 / danach)
- Modernität - Postmodernität
(Zustand oder Situation - durch spezifische Kriterien soziologischer, ökonomischer, kultureller Art bestimmbar)
Teil I - Begrifflichkeiten |
Karte 04 |
- Definitionen/Unterscheidungen sind nicht allumfassend für den Sprachgebrauch, Gebrauch in dieser Form auch nicht zwingend erforderlich.
- Sollen keine Theorien, wie z.B. das Postmoderne ist eine Phase des Modernen, ausschließen.
- Unterscheidungen sind nicht unanfechtbar, helfen jedoch dem Verständnis.
- Literatur vermischt diese Unterschiede, gerade im Bereich der Kunst oft zu finden. Oft erkennt man früher für postmodernistisch gehaltene Entwicklungen heute als modernistische Subkategorie.
Teil I - Gibt es postmoderne Philosophie? |
Karte 05 |
- "Aufräumen" beseitigt den Postmodernismus nicht, im Gegenteil, in den vielen falschen Bezeichnungen spiegelt sich ein "Wille" zur Distanzierung, eine Suche nach der Antwort der Fragen, die der Modernismus eben nicht beantworten kann.
- Darum: Postmoderne musste in der Philosophie auftauchen - auch hier Wiederholung des angesprochenen Chaos der Begrifflichkeiten.
- Postmoderne Philosophie zu unklar, darum Aufteilung in
- einen Postmodernismus in der Philosophie
- eine Philosophie, die die Moderne kritisiert und überschreitet
- eine Philosophie, die den Modernismus kritisiert
- eine Philosophie, die die Modernität kritisiert
- eine Philosophie, die unsere gegenwärtige Situation im Lichte der Postmodernität zu interpretieren versucht
Teil I - Gibt es postmoderne Philosophie? |
Karte 06 |
- Klarstellungen aus dem Buch S. 127 (fünf Punkte)
- Keiner der fünf Punkte führt zu einer postmodernen Philosophie im thematischen Sinne, moderne Philosophen werden nicht automatisch zu postmodernen Philosophen, nur weil sie den Postmodernismus in der Philosophie anstreben bzw. sich mit ihm beschäftigen.
- Selbst o.g. Philosophien können modern sein.
- Ähnlich auch in Bezug auf postmoderne Philosophie im thematischen
Sinne - alle können in der modernen Epoche auftreten.
- Deutlich durch Umkehrschluss: kommt eine Epoche mit dem Namen "Postmoderne", dann werden alle Philosophen dieser Epoche postmoderne Philosophen sein.
Teil I - Gibt es postmoderne Philosophie? |
Karte 07 |
- Nächster Streitpunkt: haben wir diese Epoche schon, kommt sie, sollen wir sie wirklich so nennen?
- Ähnliches Problem auch mit "Hauptrichtungen moderner Philosophie" - der Inhalt des Begriffs ändert sich mit der Zeit.
- In unserem Zusammenhang oft Cartesianische und/oder Kantische Begrifflichkeiten, die diese kennzeichnen - wer diese kritisiert, gilt als postmodern.
- Ist man von Hegel, Marx, Nietzsche, Naturalismus, Pragmatismus beeinflusst, mutiert man gleichsam vom modernen zum postmodernen Philosophen?
Untauglicher, weil zu enger Gebrauch der Begriffs der modernen Philosophie
- Kriterien für postmoderne Philosiphie im thematischen Sinne - S.130
Teil II - Bin ich postmodern? |
Karte 08 |
- In der amerikanischen Philosophie stellt man sich die Frage nach der Postmodernität des eigenen Werkes, seiner selbst.
- Streit zwischen "postmoderne Philosophie existiert seit Jahrzehnten" oder nur Wegbereiter für "postmoderne philosophische Unternehmung".
- Als Beispiel das Umschwenken zweiter "harter" Philosophen: Richard Rorty und Hilary Putnam. (Zitat S. 132)
- Rorty, analytischer Philosoph, Befürworter eines eliminativen Materialismus.
- Status bröckelt, er kommt zu dem Schluss, die analytische Philosophie sei quasi vollendet und könne nun untergehen.
Teil II - Rorty neue Thesen |
Karte 09 |
- Neue Thesen - das Selbstbild der Philosophie verändern
- Philosophie von theologischen Ansätzen befreien
- keine Ersatztheologie - auch Philosophie kann die Fragen der Menschheit nicht beantworten
- keine Königin der Wissenschaft (ebenso wenig wie die Theologie)
- keine fundamentalen oder juridischen Ansprüche mehr, den Rest von Kultur und Wissenschaft zu werten und zu bewerten
- Philosophie ist keine Wissenschaft im strengen Sinne - Anspruch aufgeben
- Aufgabe transzendentaler Ansprüche - Beschränkung auf den immanenten, finiten und historischen Rahmen
Teil II - Rorty Thesen Folgen |
Karte 10 |
- Folge: Es gibt kein übergeordnetes, transhistorisches, objektives System.
Jedes und alles kann nur in seinem beschränkten dialogischen, intrahistorischen, sozialimmanenten Zusammenhang gesehen und verstanden werden.
- Sieht aus, als ob er an dem Ast sägt, auf dem er sitzt.
- Stimmt nicht ganz. Rorty meint, Philosophie bleibt bestehen, aber...
- Zusammenhängend mit der restlichen Kultur. Wird eine engere Spezifizierung notwendig, stellt sie sich dar wie ein Fach in der Schule.
- Es geht um das Erlernen von Fähigkeiten: z.B. Bloßstellen von Pseudofragen, Scheinproblemen, überkommener Praktiken etc.
Teil II - Philosophie als Kulturwächter |
Karte 11 |
- Philosophie soll den Überblick schaffen und kritisieren, wohin sich Kultur bewegt - wird zur Kulturbetreuung.
- Warum Philosophen, wenn das auch z.B. Literaturkritiker, Soziologen, politische Theoretiker tun. Ist das dann noch Philosophie? Und wieso ist das postmodern?
- Nur weil Rorty sagt, es habe etwas mit Postmodernismus zu tun?!
- Hudson zeigt anschließend, dass das nicht reicht, um wirklich postmodern zu sein.
- Bringt einige Beispiele, wo Rorty eher modern argumentiert oder gar Argumente eindeutig moderner Philosophen für sich verwendet.
Siedelt ihn so (für sich eindeutig) in der Moderne an.
Teil II - Putnam |
Karte 12 |
- Putnam - Ebenso hart: ausreichend komplexe Maschinen können denken, Menschen sind probabilistische Automaten.
- Heute: diese Positionen aufgegeben.
- Auch er: Realismus ist ein interner Realismus, das Dasein ist intratheoretisch.
Wahrheit ist das, was für uns rational zu akzeptieren ist.
- Wann immer wir versuchen, uns der objektiven Welt zu nähern, tun wir das subjektiv, beschreiben sie subjektiv mit unserem ebenfalls subjektiven Wortschatz etc.
Ergo: Das wahre Erkennen unserer selbst ist nicht möglich, statt dessen benötigen wir eine formalisierbare Sicht auf unser Selbst und unser Wissen darüber.
Teil II - Putnam |
Karte 13 |
- Sozialwissenschaften sollten sich nicht länger naturwissenschaftlich fundieren, sondern sich eher literarisch orientieren.
- Putnam will so über die analytische Philosophie hinausgehen, die Suche nach dem Wahren aufgeben - weil man es sowieso nicht finden kann.
- Was soll die Philosophie dann? sollte sich nach Putnam mehr den kulturellen Belangen öffnen.
- Putnams Postmodernismus besteht dann in einer Verbindung zwischen analytischer Philosophie und kulturellem Modernismus.
- Aber auch er sieht als Mentoren dieser neuen Philosophie eher moderne Philosophen wie Husserl, Wittgenstein, Austin - und gesteht damit schon fast selbst ein, das auch er eher modern denn postmodern ist.
Teil III - Modern - und dennoch post-Modern |
Karte 14 |
- Trotz des Trends, postmodern zu sein - die beiden Beispiele sind es nicht.
Sie stehen für viele gleichartige Denkansätze.
- Dennoch große Bedeutung: analytische (moderne) Philosophen geben damit zu, dass die analytische Philosophie einer metaphilosophischen Klärung bedarf.
Führt zu Veränderungen.
- Neue Akzeptanz des gesellschaftlichen, kulturellen und antropologischen Eingebundenseins.
Neue Sensibilität für das Relative.
- Rorty und Putnam lenken die Aufmerksamkeit auf methodologische Entwicklungen in der Philosophie der Gegenwart.
Teil III - Neue Wege - Postmodern? |
Karte 15 |
- Weg von Realismus und Objektivismus, hin zu nicht erkenntnistheoretisch fundierter (Rorty) und radikal pluralistischer (Putnam) Philosophie.
- Vorerst nötig zu klären, was Philosophie heute sein kann.
- Beide bleiben dabei aber in ihrer westlichen Welt, obwohl sie bei einem (zeitgemäßen) globalen Umfeld bezüglich ihrer Theorien fündig werden könnten.
Blick eher rückwärts gewandt denn fortschrittlich nach vorn (in die Gegenwart) - bezeichnend für unsere westlichen Kulturen.
- Dennoch - die Diskussion hat damit begonnen!
Teil III - Wie könnte eine postmoderne Philosophie aussehen? |
Karte 16 |
- Experiment - Ausgang ungewiss
- Möglich: postmoderne Sozialphilosophie (im thematischen Sinne).
- Bewegung zu neuen Organisationsformen des gesellschaftlichen und kulturellen Lebens (kein Recycling der bestehenden Sozialphilosophie).
- Notwendig auch aus der gegenwärtigen Entwicklung unserer Gesellschaft hin zu einer globalen Gesellschaft heraus.
Fazit: Vorsicht mit der Mode des Postmodernen, wenn wir eine Philosophie finden, die den wirklichen Herausforderungen unserer Zeit angemessen ist, wird sich zeigen, in wie fern sie wirklich postmodern ist.
Wer sich die Kärtchen ausdrucken möchte, für den gibt es eine
pdf-Version der Karten
zum herunterladen. (Wer ihn noch nicht hat - den zum Anschauen und Ausdrucken nötigen
Acrobat-PDF-Reader gibt es ebenfalls kostenlos zum download.)